Biographie

Lebenslauf

Pseudonym: Bruno Küfer
*08.01.1863 (Danzig)
†15.10.1915 (Berlin)

Am 3. Dezember 1895 sandte Scheerbart seinen Lebenslauf an Franz Brümmer:

ps_082 „1863 geb. 8. Jan. Danzig Fleischergasse 38- 1867 Februar starb die Mutter, ich als elfter allein zu Hause. Älteste Schwester verheiratet – 1869 zweite Ehe meines Vaters – 1873 Tod meines Vaters- 1879 Okt.-März 1880 Stunden im Griechischen, kam aufs Gymnasium in die Untertertia (nebenbei eine Gemeinheit), wollte Missionar werden und darum Theologie studieren. 1882 Jan. von der Obertertia ab (unsäglich viel Philosophisches gelesen, nicht mehr Theologie) – Okt. 82 mit Ernst Schultz nach Berlin, um zum Abiturientenexamen für Realgymnasien vorbereitet zu werden – Jan. 1883 Einjähriger auf der besonderen Anstalt in Berlin – Okt. 1883-April 1884 Realgymnasium in St. Petri Danzig in Oberprima-Sommer 1884 Leipzig in Vorbereitung des Examens in Sachsen, dort nicht als Andersgebürtiger angenommen – Jan. 1885 Berlin Börsen-Courier Kunstschriftsteller unter Poniatowski – Jan. 1886 Okt. in München 25 M monatlich – Okt., Nov. in Wien – Dez. 1886 in Königsberg – Jan. 1887 nach Danzig, da dort Erbschaft aus Hamburg (1 100 M) – April 1887 bis Aug. 1888 Paradies geschrieben – Okt. 1888 1 000 M von Stiefmutter für Paradiesesdruck – 1889 Jan. erschien Paradies – 1890 Berliner Tageblatt bis April (Kunstgewerbekritiker) – 1890 April bis Okt. Danziger Courier – Okt. 1890 wieder in Berlin, danach Bärenzeit.” [Seltsamerweise liest dieser Brief nach einer anderen Quelle ganz anders]

Biographie Paul Scheerbart

Semjon Feuerstack

ps_075Paul Scheerbart – auch Kuno Küfer – wurde am 8.1.1863 in Danzig geboren. Er studierte Philosophie und Kunstgeschichte. Nachdem er seit 1885 Kunstkritiken für verschiedene Zeitungen geschrieben hatte zog er 1887 nach Berlin. Dort arbeitete er als Dichter und versuchte nebenbei, das Perpetuum mobile zu erfinden. Zwei Jahre später erschien sein erstes Buch, „Das Paradies. Die Heimat der Kunst“. 1892 wurde der Verlag deutscher Phantasten von ihm gegründet, der ´93 sein Wunderfabelbuch „Ja,… was… möchten wir nicht Alles!“ veröffentlichte. Schon seine ersten Werke wurden von der Kunstpresse eher lächelnd als anerkennend aufgenommen und Scheerbart hatte nicht viele Freunde, die ihn und seine Werke verstanden. Deshalb freundete er sich mit dem Alkohol an, der ihm sein Leben lang ein ständiger Begleiter blieb. Im September 1900 musste Scheerbart mit seiner Frau Anna Sommer auf die Insel Rügen ziehen, weil er sich selbst das einfachste Dasein in der Großstadt Berlin nicht mehr leisten konnte. Da sich seine bisherigen Werke einfach nicht verkaufen wollten, hatte Scheerbart die Idee, einen Roman zu schreiben, mit fortlaufendem Zusammenhang: Nicht „allerhöchste Literatur“, sondern für ein sehr breites Publikum geschrieben. Trotzdem war es für ihn schwer, den Insel-Verlag zu überzeugen, das Werk, „Die große Revolution – Mondroman“ zu drucken. Es wurde natürlich kein Verkaufsschlager, aber Scheerbart verschaffte sich zumindest unter Teilen der literarischen Welt mehr Anerkennung.
Paul Scheerbart, der nach eigener Aussage eher aus Wut als aus Liebenswürdigkeit Humorist geworden war, war aber tatsächlich nicht immer leicht zu verstehen: Einmal wegen seiner eigenen, etwas umgangssprachlichen Ausdrucksweise (zum Beispiel „Das ist sone Sache“) und außerdem aufgrund seiner Werke, in denen er der Fantasie keine Grenzen gesetzt hatte. Scheerbart vermied es Zeit seines Lebens, allzu viel über sich selbst preiszugeben. So liegt vieles über sein Leben, seine Ideen und Werke im Dunkeln, was nicht aus den Werken selbst oder aus Briefen herausgefiltert werden konnte.
Scheerbart hatte aber in seine Werke immer ein bisschen seiner persönlichen Situation und Umgebung einfließen lassen: So erinnert „Tarub – Bagdads berühmte Köchin“ an seine Frau Anna Sommer, die dem utopischen Schriftsteller weltliche Grundlage gab und sich um Finanzen und Ernährung kümmerte, die aber auch Scheerbart mit schlagkräftigen Argumenten deutlich machen konnte, wann ihr etwas zu viel wurde. Deshalb wurde sie von allen „Bär“ genannt. In Briefen schrieb er unter anderem, dass sie sich „schon tausendmal trennen“ wollten, es aber doch nie geschafft hatten. Es war eher eine Beziehung wie zwischen Mutter und Sohn als zwischen Frau und Mann.
Scheerbart war immer schon ein etwas unbekannterer Dichter. Seine Werke waren für die meisten Menschen seiner Zeit noch zu revolutionär oder einfach unverständlich, nach seinem Tod am 15. Oktober 1915 geriet er fast ganz in Vergessenheit.
„Die Zeit wird kommen, die Scheerbarts lachen wieder lernen wird, das große und befreiende Lachen, das aus dem weiten glücklichen Weltall stammt, wo es keine Not und keine Kriege gibt.“ schrieb Erich Mühsam in seinem Buch „Unpolitische Erinnerungen“. „Es wird die Zeit sein, die auch Scheerbarts Bücher wieder drucken, lesen und mit ernsthafter Heiterkeit genießen wird.“

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