Die Welt ist ein Kuhstall

Paul Scheerbart

Na prost!


Die Welt ist ein Kuhstall

Eine Kater— Szene

aus: das Lachen ist verboten
aus: Na prost!

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Traurig tranken siebzehn alte Germanen am Strande der Elbe —  reines Wasser.

Das Wasser war klar und rein, und die Sonne blinkerte in dem Wasser.

«Was ist die Welt?» fragte leise der jüngste der Germanen.

Die sechzehn älteren Germanen riefen sofort im Chore:

«Die Welt ist ein Kuhstall!»

Da ward es still am Strande der Elbe.

Die Germanen horchten und sannen nach —  —

Dann tranken sie wieder —  Wasser —  reines Wasser!

Sie tranken und dachten nach.

Keiner sprach.

Alles war still.

Nur von Zeit zu Zeit sprang ein kleiner Fisch über einen kleinen Wellenkamm.

«Was ist die Welt?»

Die siebzehn Germanen wußten das jetzt «sämtlich» ganz genau.

Daher waren sie auch so still am Strande —  so still —  so klug und so still…
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 Na Prost:

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«Ja! Ja!» spricht seufzend der kluge Passko, «man merkt, daß die alten Germanen kein Katergift besaßen.»

«Das ist», erwidert aber der große Brüllmeyer, «wirklich das ‹große› Germanenvolk, das eines Tages die allzu große Nachkommenschaft des Menschengeschlechts mit heißen Tränen in den alten Augen bejammerte —  und die ganze Welt für einen menschlichen Kuhstall erklärte —  was doch ein unglaublicher kosmischer Unsinn ist.»

«Man hatte eben noch nicht den Gürtel der Enthaltsamkeit erfunden», flüstert der alte Kusander.

Passko schweigt.

Die ‹wüste Seligkeit› vergeht allmählich ganz und gar.

Die Geister der achtkantigen Flasche lachen nicht mehr wie die Erdengeister vor zehntausend Jahren

Es ist ein großes Kunststück, sich von allen Menschen zurückzuziehen, ohne sich mit allen zu erzürnen

Kusander sagt: «das haben wir wirklich fertiggekriegt! Allerdings ist es nicht unser Verdienst!»

«Könnte man nicht», behauptet nun der kühne Brüllmeyer, «den Dichtern ihre Kühnheit ‹übel›nehmen?»

«Das wäre ebenso töricht», versetzt der alte, schändlich weise Kusander, «als wenn jemand seiner Frau was übelnehmen wollte.»

«Ja! ja!» fährt Brüllmeyer halb im Traume fort, «wenn man keine bösen Gedanken bekommt, ist es keine Kunst —  ein guter Mensch zu sein.»

Die Geister schlafen ein.

*      *      *

Brüllmeyer will mal noch über die Abnutzbarkeit der feinsten Effekte was erzählen —  doch die Andern verhindern’s.

«Wozu so viel ‹Weises› sagen?»

«Die Erde ist ja doch schon längst entzwei.»

Es geht wieder eine merkwürdige Schwermut um —  es ist das Leben eben nicht so einfach.

Und kein Gott kann das Leben —  das unendlich große Leben —  einfach machen.

*      *      *

Feste feiern wird langweilig!

Das Genußleben ermüdet.

Die Nutzlosigkeit ihres Daseins ermüdet —  auch die Geister der achtkantigen Flasche, die nicht entzwei gehen will —  wie der alte Erdball.

Und das Lachen wird auch so schrecklich langweilig.

Aber —  da reizt die Drei wieder mal was auf.

Dies reizt:


ps_160    Der astropsychologische Dithyrambus

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