Briefe an Richard Dehmel
Poststempel: 1.10.00
- Himmel! Hölle! Teufel! Gift! Seequalle! Victoria! Bärengrüsse! Paul! Carl! Wilhelm!
- An Richard Dehmel
Poststempel: 7.12.00
-
Täglich, lieber Rikko-Tikko, ich könnte beinahe sagen: stündlich erwartete ich das erste Exemplar meiner »wilden Jagd«. Und täglich – beinahe stündlich – erfand ich eine neue Widmung, die ich Dir in das für Dich bestimmte Exemplar hineinschreiben wollte. Aber mein Buch kam nicht. Und da packte mich der Neid – und ich schwieg – Dir neidisch grollend. Zürne mir aber nicht, denn das hat garkeinen Zweck. Über Deine neomexikanische
- »Richtung« könnte ich Bücher schreiben warum jedoch hast Du keine
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verkable »Menschenschlächterei« bildlich darstellen lassen? Mich interessirt »eigentlich« nur noch so was – aber es muß so blutrünstig sein, daß sich selbst einem alten Schweineschlächter die Haare zu Berge sträuben. Na prost! Es lebe die vergiftete neomexikanische Streitaxt. Auf Rügen wird man so friedlich wie ein Lamm. Hier beruhigt sich*) das erregte Gemüth vollkommen.
Mit artigen Eisbärgrüßen bin ich
-
Dein sanfter Paul Carl Wilhelm
- Randbeschriftung:
- *) das bemerktest du wohl.
- Ich danke Dir für das allererste Fitzebutze-Exemplar!
- Ich danke Dir dafür am 15. Januar anno 38 post Dehmelum natum
- An Richard Dehmel
- Herrn Richard Profundus Dehmel
- Punktianer
- Heidelberg
- Schlossberg 21.
- Abs. General Scheerbart Breege (Insel Rügen)
Poststempel 18.12.00
-
Lieber Centrosoph! Ich danke Dir für Deine Karte. In c 3 Monaten erhältst Du eine umständliche Antwort – dann wird nämlich meine »Seeschlange« gedruckt sein. Das ist die »Tragödie eines Concentristen«. Aber daß das nur noch übrig bleibt, gebe ich nicht zu – cf Jagd pag 112 (zinnoberrothe Eidechse!) Woher weißt Du übrigens, daß das Unendliche frei von sich ist? Und wie kamst Du auf das »Freiere« des Punktualismus?*) O – ich verstehe
- Dich. Du willst mich derbe verulken. Du willst blos sagen, daß ich
-
Ich aber schreibe die »Messias-Tragödie des Größenwahns« – das ist die Seeschlange.
-
Außerdem trinke ich demnächst auf Dein Wohl 15 Glas Grog. Na? lach nich so dreckig!
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Ich bin ja Dein ehrwürdiger Irokesengeneral
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- Randbeschriftung:
- *) Trau blos nicht den ollen Indiern zu viel zu – die sind durchaus nicht profunder als die ollen Indianer! Sonnenschein! blaues Meer! Windstille!
- An Richard Dehmel
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Lieber Richard! Deine Karte hat mir wohlgethan. Du hast jetzt den richtigsten herrlichsten Hohn in Dir! Hohn mit Glockengeläute! Ich mußte am Meeresstrande immerzu an die Danziger Rathhausglocken denken – die spielen Deinen Choral auch. Wie das wirkt! Wie Aal ä la tartareü! Ja – ja -unser Leben kann garnicht göttlich genug sein. Aber Du willst mir blos noch Deinen Choral schreiben? Du machst Dir das Vergöttern sehr »bequem«. Ich werds complicirter gestalten – das Innere muß nach außen kommen – und umgekehrt! – und dann wieder anders. Pereat Simplicitati! Hoffentlich ist das richtig! Ich liebe es, wenn das Leben ein bischen unbequem ist – das wirkt interessanter. Suum cuique! Für den Spickaal sorgt der Bär. Suum cuique! Das Aalstechen beginnt aber erst, wenn der Bodden friert. Lange dauerts nicht mehr! Nein!
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Billionen Weihnachts- und Neujahrs-Grüsse an Frau Isi, A. Mombert und Dich.
- Ich bin Dein Paulus 22. Dec. 1900.
- Randbeschriftung:
- Der Bär freut sich schon aufs Aalpacketpacken – Zeichnung*)
- *) das ist die Packet form
- An Richard Dehmel
- (An) Richard Dehmel und Genossen Heidelberg Schlossberg 21
2.1.1.
- Heilige Dreieinigkeit!
- Mir zittern alle Glieder – das Feuerwerk war zu stark – mir ist Hören und
- Sehen vergangen. Oh! Oh! Ich danke! Ich danke!
- Und die Seeschlange ist getroffen – und die Aale werden jetzt auch getroffen
- werden – denn jetzt ist der halbe Bodden zu; – 5 ° R.
- Es lebe das Feuerwerk des neuen Jahrhunderts! Hurrah!
Ganz
Votre
P.C.W.
- Randbeschriftung:
- Pardon dem matten Ton, aber ich bin – veritables Ovationsopfer
- An Richard Dehmel
Breege auf Rügen 25.1.01.
-
Lieber Richard Richard! Die Aalstecherei hat bislang nur ein paar ganz dünne Aale zu Tage gefördert. Und diese Dünnen eignen sich zu Räuche-rungszwecken keineswegs. Du darfst demnach nicht ungeduldig werden. Die Aale pflegen im Januar zumeist zu schlafen. Demzufolge nennt man hier den Januaraal »Traumaal«. Na – im Februar, wenns Eis weg ist, giebts fettere Aale. Es lebe die Korpulenz.
Mit sämmtlichen Grüßen bin ich
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Dein Paul Carl Wilhelm
- Randbeschriftung:
- Nu warte man blos – und schimpf man nich!
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