Briefe an Richard Dehmel

An Richard Dehmel

Mariendorf b. Berlin

Grossbeerenstr 5. B. III.

Poststempel: 12.4.04

Riccardo! Riccardo!
Du sollst doch nicht immer so furchtbar auf mich schimpfen!
Du sollst doch nicht! Sei gut! Sei gut! Lege mich Deiner Frau Gemahlin zu Füßen!
Und zwar – mit Bärengrüßen

Ich bin

ton

oller Paulus


An Richard Dehmel

2. Nov. 1904

Hoho! Haha! Ehrwürdiger Riccardo!

Wir habens entdeckt! Deine »geheime« Correspondenz mit meiner Ehefrau in meinen Händen! Die lustigste Ehescheidung folgt! Haha! Hoho! Die Presse ist schon benachrichtigt! Das wird fein! Das Vorsatz-Papier be­kommst Du noch in diesem Monat! Ich aber bin so klug wie ich war und total Dein ehrwürdiger

Paulaccio


An Richard Dehmel
Abs. Scheerbart, der Heering, in Mariendorf bei Berlin.

Poststempel: 17.11.04

18 Trillionen Weltgrüsse dem 18 ten November des Jahres ein Tausend neun
hundert und vier von
A. und P.
mit ächten Drucksachen, die auch als Originale verwertet werden können –
und zwar:
Jenseits von Einigkeit und Zwietracht.

An Richard Dehmel
Horridoh! Höh! Höh!
Ich begrüße den Buntscheck mit wildem Gebrülle

und

bin

Dein

alter

25.11.04.Paulus


An Richard Dehmel
Gedruckter Briefkopf: Heim der Jugend Gross-Lichterfelde 1

Mittwoch 25. Januar 1905

Lieber Richard!

Das »Heim der Jugend« möchte nicht blos sehr gerne von Dir einen Bei­
trag haben – sondern auch von Lilienkron eben so gerne etwas »Nochnicht-
gedrucktes«. Könntest Du nicht so lieb sein, das Erstere zu thun und das
Zweite zu veranlassen? Du thätest mir einen sehr großen Gefallen und ich
würde Dir sehr dankbar sein. Vielleicht ist Dir schon bekannt, daß ich – –
– momentan einer anderen Frau zu huldigen geruhe – demnach na, ich glaube, daß das in dieser Revolutionszeit nicht auffallen dürfte. Ich hoffe, daß es mir gelingen wird, meine erste Ehe möglichst schmerzlos zu lösen

(eine »kühne« Hoffnung).

Bedaure mich aber anitzo, daß ich mich momentan mehr für meine zweite Frau interessire als für meine sonst so bekannte Revolutionsbegeisterung. Meine zweite Frau ist übrigens meine erste Frau (im eigentlichen Sinne) – da ich diese zweite seit 22 Jahren kenne. Ach ja! Indessen – ich stöhne nicht – ich bin total aus dem Häuschen

Lege mich Deiner Frau Gemahlin zu Füßen und sei mit seltsamem Lachen gegrüßt

von

Deinem

sehr jugendlichen

Paulus


An Richard Dehmel

Montag 30. Jan. 1905.

Bester Riccardo! Meinen schönsten Dank für Deinen lieben Brief u. für die Manuskripte, die ich soeben an Cronbach gesandt habe. Die wollen aber eigentlich »Originale«. Gerne käme ich mit meiner Signora auch in Ansorge-Conzert. Da ich aber in c 4 Wochen 1000 M zusammenschreiben muß und – das Leben in meiner Häuslichkeit die Ueberhölle ist – so kann ich nicht. Bitte die Götter, daß sie mir bald weiterhelfen – u auch forthelfen. Ach ja!

Ich bin

Dein

Paulus – trotz alledem.

Daß ich ein »abtrünniger« Antierotiker bin, kann ich nicht unterschreiben
– da ich darüber erst im nächsten Sommer nachdenken muß. Dann mehr!
Wir wollen jetzt Alles umarbeiten – Alles!
Entschuldige, daß ich momentan so gedankenlos bin. Ich sollte mich auch
verhaften lassen. Ach ja!
Dann war ich erlöst.

An Richard Dehmel

Gedrucker Briefkopf: Heim der Jugend etc.

21. Juni 1905.

Lieber Richard! Herrn A. Cronbach liegt schrecklich viel daran, einen Original-Beitrag von Dir zu bringen – und mir liegt auch sehr viel daran . Könntest Du nicht so lieb sein und ihm so bald wie möglich etwas Ungedrucktes einsenden? Ich würde Dir sehr sehr dankbar sein. Bitte bitte – so bald wie möglich! Hier soll noch mehr entstehen – ich informire Dich, wenns »wichtig« wird, rechtzeitig.

Der Antierotik bin ich natürlich »garnicht« untreu geworden – ich scheine verdammt zu sein, nur immer Komisches erleben zu müssen. Und trotzdem schreib ich so viele Tragödien – das ist auch komisch – nicht wahr? Indessen —
Na – immerhin
Freilich! Freilich!

Aber ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe zu aller Zeit: wir müssen so schreiben, daß mehr Explosionsstoffe in der Luft herumfliegen! Wirk­lich!

Das ist so nötig! Wir brauchen Granatenglück! Daher mein Sensationsroman in der Europa.

Die Jenny ist übrigens ganz das, was meine Jugendfreundin nicht ist. Das ist doch auch komisch – nicht?

17 dröhnende Weltgrüsse von Dom zu Dom!!!!

Dein Paulus


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