Briefe an Ernst Rowohlt
- An Ernst Rowohlt
- Zehlendorf-Wannseebahn, Anna Str 5 9. October 1908
- Lieber Herr Rowohlt!
- Das ist eine schöne Geschichte! Ich habe an den Kontraktparagraphen*) tatsächlich damals garnicht gedacht. Ich glaube nicht, daß Oesterheld u. Co die Verse bringen wird – und bitte Sie daher sehr, die Zusendung baldigst veranlassen zu wollen. Sollte der Verlag Oesterh. u Co Ihnen die 100 M zurücksenden, so werden wir schon das Weitere veranlassen. Aber ich glaube im Moment noch nicht daran. Ich muß Sie tausend Mal um Verzeihung bitten – ich hoffe aber, daß Alles noch gut werden wird – da täglich oder stündlich mein Perpetuum funkionirend da sein kann – Buch hierüber will Oesterh Co für 15000 M acceptiren (Honorar f. 50000 Auflage) Dieses würde die Katerpoesie natürlich zurückdrängen. Uebrigens: könnten Sie nicht Ihren Herrn Vater fragen, welchen Einfluß die totale Entwertung der Kohlen u. der Automobile nebst Pferdewagen etc auf die Bankwelt haben würde? Ich glaube, daß alle Banken der Erde zahlungsunfähig werden könnten. Täusche ich mich? Eine Antwort wäre mir sehr sehr wichtig!! Im Kontrakt fehlt, daß 20% »vom Ladenpreise« gemeint sind – und daß ich das Honorar in Höhe der neuen Auflage und Entschließung Ihrerseits zu bekommen hätte.
- Vielleicht sind Sie so freundlich, dieses mir, wenn wir mit Oesterh. im Klaren sind, zu bestätigen.
- Nochmals: Verzeihen Sie gütigst! Aber ich war an jenem Vormittag nicht auf Ihren Besuch vorbereitet und, wie Sie sich erinnern, in heftigster Weise
- mit meinem Modell beschäftigt
Mit vielen Grüßen
Ihr
Paul Scheerbart
- Randbeschriftung:
- *) Ich muss Oesterh Co alles zuerst »anbieten« – sie wollten gestern Ihnen
- schreiben.
- An Ernst Rowohlt
- Zehlendorf-Wannseebahn, Anna Str 5 20 Oct. 08.
- Lieber Herr Rowohlt!
- Ihren Brief vom 9 ten d.M. hielt ich durch meinen Brief vom selbigen Tage
- für beantwortet. Mir tut die Sache sehr leid – aber ich kann doch nicht den
- Kontrakt unterzeichnen, da Oesterhelds doch auf ihrem Schein bestehen.
- Falls diese durchaus die Verse bringen wollen, steht Ihnen die wilde Jenny
- unter denselben Bedingungen zur Verfügung. Die Zeichnung brauchen Sie
- Oest. nicht zu senden, aber ich bitte sehr um Sendung des Manuskripts an
- Oest.
- Die Jenny (ein Kriegsroman!) ist mir allerdings viel wertvoller, und Sie
- kommen dabei besser weg als mit den Versen. Darum bitte ich aber, die 20
- M für Satzentschädigung fallen zu lassen.
Mit besten Grüßen
Ihr
Paul Scheerbart
- Meyer hat das auch vergessen, daß ich an Oesterh. gebunden bin. 100 M für
die Jenny wäre sehr billig. Aber ich weiß ja noch garnicht, ob Oest. die
Verse wollen. Ich bat Sie auch um Zusatzerklärung für den Kontrakt (zwei
Punkte)
- An Ernst Rowohlt
- Zehlendorf-Wannseebahn, Anna Str 5 29. October 1908
- Lieber Herr Rowohlt!
- Anbei der unterzeichnete Contrakt mit den beiden Zusätzen. Oesterheld u Co treten von ihren Forderungen zurück. Um die Unruhe, die ich Ihnen bereitet habe, einigermaßen wieder gut zu machen, sende ich Ihnen anbei als Drucksache noch 9 Verssachen für den Schluß, damit dieser etwas effektvoller und stärker wird. Sie können demnach auf jede Seite so viel bringen, wie Sie wollen, damit der Umfang des Ganzen nicht größer wird. Nun bitte ich sehr um Zusendung der Zeichnung, wenn Sie es wirklich für notwendig halten, daß ich den Titel selber zeichne. Sonst würde mir auch leichte oder dicke Type von Drugulin genügen. Dr. ist nur etwas teurer mit Titel-Satzproben. Jedenfalls überlasse ich Ihnen ganz das Arrangement. Hinter dem Titelblatt wäre mir folgende Notiz angenehm: Geschrieben im vorigen Jahrhundert.
- Alle Rechte – besonders das der Uebersetzung in fremde Sprachen und einheimische Mundarten – vorbehalten.
- Das Bibliographische – entsprechend der letzten Seite des Münchhausen-Romans – vergessen Sie wol nicht.
- Und nun sende ich Ihnen die schönsten Grüße – in der Hoffnung, daß Sie das Aergerliche bei der Sache von diesem Moment ab total vergessen haben.
Ganz
Ihr
Paul Scheerbart
- An Ernst Rowohlt
- Zehlendorf-Wannseebahn, Anna 5 11. Nov. 1908.
- Lieber Herr Rowohlt!
- Schönsten Dank für Ihren freundlichen Brief. Ich freue mich sehr, daß jetzt der Aerger total beseitigt ist. Daß Sie so energisch mein Manuskript festhielten, war für dieses und für mich in jedem Falle etwas Angenehmes – und so habe ich nichts zu verzeihen.
- Anbei gleich die sorgsam destillirte Rezensentenliste. Wenn mir etwas für die Propaganda einfällt, schreibe ich eine Karte. Unter dem bibliographischen Anhang lassen Sie wol noch drucken: Demnächst erscheint: Lesabendio, ein Asteroiden-Roman. Das Perpetuum mobile.
- Ich nehme an, daß Sie auch dieses bringen, wenn Sie nicht Anderes schreiben, und sage Ihnen auch hierfür meinen Dank.
- Mit dem Perpe ist es noch nicht so weit – – jedenfalls erscheint das Buch darüber, das alles aufklären wird. Aber das Buch wird erst im Januar oder Februar 1909 geschrieben.
- Von der Zeichnung zum Titelblatt sprachen Sie nicht, und so nehme ich an, daß Sie die Lettern von Drugulin nehmen.
Mit vielen Grüßen – auch von meiner Frau –
bin ich
Ihr
Paul Scheerbart
- Ihren Nerven wünsche ich beste Besserung.
- An Ernst Rowohlt
- Monsieur Ernst Rowohlt 124 Rue de Rennes Paris
- Zehlendorf-Wannseebahn Anna Str 5 (Allemagne) 9. Dec. 08
- Lieber Herr Rowohlt! Meinen allerbesten Dank – besonders für das Bibliographische – ich hab doch 4 tatsächlich fertige Kleinigkeiten hinzugesetzt. Ich nehme an, daß es Ihnen nicht zu viel ist. Die Verleger möchte ich lassen, da einzelne Bände momentan ohne Verleger sind. Ich halte diese umfangreiche Bibliographie für sehr lustig – aber auch für sehr wirksam. Eine Einleitung halte ich immer für eine gewisse Entschuldigung – und die dürfte hier wol nicht gut sein. Darum bitte ich sehr, davon gütigst absehen zu wollen. Gähn und fahn (statt fangen) möchte ich wie im Manuscript, um etwas »Gähnendes« in die Morgentöne hineinzubringen. Die Schrift ist einfach entzückend. Wird das Titelblatt nicht zu sehr verkleinert werden müssen? Ich schicks in nächster Woche. Ich weiß nicht, ob es richtig ist, einzelnen Kritikern u. Blättern Correkturen zu senden. Sie tun wol ganz so, wie Sie es für gut befinden. Ich freue mich, daß Ihnen die Verse so lustig erscheinen. Ich erwarte den Rest in nächster Woche. Auch Correktur u. Manuscript des Bibliographischen.
Mit vielen lustigen Weltgrüssen
- Ihr Paul Scheerbart
Bekomme ich noch Revisionsbogen? Es wäre wol nötig. Drugulin macht das sonst immer.
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